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Wochenrückblick und Start ins neue Jahr

Es gab ihn schon mal hier auf meiner Seite, den Wochenrückblick, das war anno 2012. In der Zwischenzeit ist viel passiert. Ich habe zum Beispiel geheiratet, ein *rite de passage*, der mich ziemlich aus der Bahn geworfen hat, im freudvollsten Sinne. Danke Jim.

Mit dem festen Vorsatz, dieses Jahr mehr zu schreiben, starte ich an einem Sonntagabend mit einem kleinen Wochenrückblick.

Wochenrückblick Woche 4 / 2015

|Getan| 2x Yoga, 1x Prüfung KSA (Soziale Organisation)

|Gedacht| “Uns geht’s so gut.” beim friedlichen Essen mit meinem Mann.

Und:  „Typisch Mann!“ beim Sehen von Aufnahmen in einer Vorlesung, wo es um öffentliche Zurschaustellung von Selbstverletzung einer Sufi-Brüderschaft ging, mit dem Zweck neue Mitglieder anzuwerben. Anscheinend sind diese performances das gängige Mittel. Es steht ganz im Gegensatz zu den Versammlungen der Gruppe (die wir vorher gesehen haben), die regelmäßig in einem Gebetsraum abgehalten werden, sehr stark strukturiert erscheinen, in denen sich Stunden der gemeinsamen Praxis von ruhigem Gebet mit exstatischen Tanzkreisen abwechseln. Der Sinn, die Präsenz eines Gottes in sich erfahren.
Jetzt befinden wir uns als Zuschauer auf einer Straße im Irak und die Männer buhlen, wer von größerem Mut und unverwundbarer sei. Wir sehen eine Ansammlung von tanzenden, sich in Trance befindenden Mitgliedern einer Gruppe von Sufis. Geworben wird mit Steine schlucken und wieder ausspucken, Rasierklingen in einer Reihe auf die Zunge legen – schlucken – und einzeln wieder ausspucken, einem jungen Mann Messer in den Kopf rammen, und wieder rausziehen ( blutet nicht) und als Krönung 3 Jungen die Kehle durchschneiden, wobei zuerst nichts passiert, kein Blut zu sehen ist, erst nach ein paar Minuten liegen die 3 plötzlich in in Blutlacken.

Das war der Moment, wo der Dozent räuspernd die Aufnahme unterbrach und das Mikrofon wieder an den Gastdozenten, einen Ethnologen und Filmemacher der Aufnahmen für weitere Erklärungen übergab. Der Saal der versammelten StudentInnen schaute sich nervös lachend an. Eine Studentin fragte: Kamen bei diesen Aufnahmen eigentlich Menschen zu Tode, während Sie gefilmt haben? Der Gastdozent, verlegen, erklärte, dass es Fälle gibt, wo nach dem außergewöhnlichen Zustand der Trance die natürliche Körperreaktion wieder eintritt, was wohl bei manchen Teilnehmern mit dem Tod endete.

Hmm! Dabei hatte der Vortrag so gut begonnen. Die Bedeutung der Traumdeutung in der spirituellen Praxis der Sufis wurde hervorgehoben, als auch die Wichtigkeit von der Meisterschaft des Umgangs mit Zeit. Wie wichtig die Gegenwart in ihrer Religion ist und die Loslösung von der Selbstidentifikation mit den eigenen Gedanken. Klingt doch alles ganz vertraut. Und dann diese … mir fällt dazu nur ein „Buben-streiche“…Brutalinskis. Wirklich wahr!

(Auch wenn, wir StudentInnen das natürlich als wertfrei und als „soziales Phänomenen“ betrachten könnten. Trotzdem Heftig! )

|Geärgert| über dieses unerwartet blöde Zurschaustellen von Gewalt und das grausame Ende.

|Gefreut| über das gute pakistanische Essen im Deewan. Dass ich den Mut hatte, zu einer Prüfung zu gehen, obwohl ich nur 1ne Woche dafür gelernt hatte. Über den feinen Humor von Abderrahmane Sissako im Film Timbuktu und die vielen unerwartenden Momente der Schönheit. Absolut sehenswert!

|Gewonnen| eine freie Nase und eine damit verbundene gute körperliche Kondition.

|Gekauft| Essen.

|Geklickt| Neu-entdeckung eines Blogs einer Frau namens Sofaheldin.  Entdeckte darauf sehr viele schöne Fotos, vor allem auch von Innenräumen! Was ich aus Gründen der Privatsphäre der Menschen (das ist wahrscheinlich eine Ausrede von mir), die mich fotografieren lassen, nicht poste, holt sie sich von ganz offiziellen Maklerseiten. Gute Idee.

|Gehört| Als Lernmusik „Illumination- Peaceful Gregorian Chants“ von Dan Gibson – gibt’s auf youtube.

|Gesehen| den Film Timbuktu (siehe oben) und eine 3-teilige Arte Dokumentation von Frédéric Castaignède über Städte der Zukunft. Mit unterschiedlichen Beispielen, hauptsächlich aus Asien, Arabischen Raum und Russland. Besonders eindrücklich, aber auch erschreckend SongDo in Südkorea als Beispiel für eine smart and sustainable city. Technologisch interessant, aber will man so leben? Und wie verlässlich ist Technik wirklich?


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Filmstadt Wien

Wien im Film ist niemals nur Wien. Wien spielt unter anderen Prag, Budapest, Belgrad, manchmal sogar Pristina.

Ich war wieder unterwegs!

Mit jeder location Suche lerne ich die Stadt ein bisschen mehr kennen. Wenn die Umstände passen, sprich: ich habe mehr als 2 Tage Zeit gewisse Motive zu finden (was leider nicht die Regel ist) empfinde ich meine Arbeit als großen Luxus.
Es sind kurze, zumeist oberflächliche Begegnungen, die letztendlich auf die ganz pragmatische Frage abzielen: Kommen wir ins Geschäft oder nicht? Dürfen wir hier drehen? Kurze Gespräche, aber ich mag, dass ich mit Leuten ins Gespräch komme, mit denen ich mich sonst nicht so ohne weiteres unterhalten würde.

Was hat mir die letzte Suche über die Stadt Wien erzählt?

Sie hat mir Einblick geschenkt in die Struktur und Situation nicht-österreichischer  Supermärkte in Wien. Ich suchte Supermärkte, die aussehen, als wären sie am Balkan. Vorweg: es gibt keine eigenen Balkan-Supermärkte in Wien. Ich fand unter anderen asiatische,  russische, polnische, internationale und sehr, sehr viele türkische Supermärkte. Zu Gute halten kann man diesen, dass sie zumindest ein Regal mit Produkten aus der Balkan Region haben.
Das Interesse an einem Film mitzuwirken war, sagen wir mal, unterschiedlich groß.  In einem Supermarkt in Brigittenau kam ich an der Fleischabteilung ins Gespräch mit einem Kunden, der mich ein paar Blöcke weiter zu dem Familien Minimarkt seines Bruders führte (der leider zu mini war).
In einem Markt in Ottakring sagte mir der Eigentümer „Sagen Sie ihrem Chef für 5000,- kann er am Sonntag bei mir drehen“  (unrealistische Summe).
Ein paar Straßen weiter beschenkte mich eine süße Kassiererin mit einem Getränk meiner Wahl (Granatapfelsaft) und  im serbischen Grill packte mir der Eigentümer einen Börek als Wegzehrung ein und empfahl mir die Ferien in dem Dorf Dvengrad zu verbingen, das Emir Kusturica erbaut hat und wo Hollywood Filmstars angeblich ein und aus gehen.

Es war eine spezielle, unterhaltsame Suche, in der ich mir mehrmals gedacht habe „Wahnsinn, ich kenne Wien gar nicht. “ und „Wahnsinn, wie wenig braucht es, um mit wildfremden Menschen ins Gespräch zu kommen und sich auszutauschen!“

Natürlich gab es auch Momente, wo ich mir eigenartig vorkam, fremd. In einer Halal Fleischerei stand ich weiter hinten in der Reihe als einzige nicht türkisch sprechende und wurde vorgezogen, wohl, damit ich schnell wieder das Geschäft verlassen kann. Wollten die Geschäftsleute besonders höflich sein oder war es von mir unpassend in eine türkische Fleischerei mit sehr religiösen Zielpublikum zu gehen? Habe ich da im wahrsten Sinne des Wortes nichts zu suchen gehabt?

Soweit also mein Wochenende. Danach ging es weiter mit der Suche nach (grindigen) Nachtclubs. Was sind meine Erkenntnisse hier:

Erstens, der Großteil der Bars oder Clubs, die man über das Internet findet, hat eine Lebensdauer von 1-2 Jahren (Vielleicht wird „Internetaufräumer“ oder „Seitenbeseitiger“ mal eine lukrative Tätigkeit in naher Zukunft).
Zweitens, wenn du das Glück hast eine location aufzutreiben, ist es schwierig mit dem Betreiber zu sprechen. Entweder gehen Sie erst gar nicht ans Telefon, und wenn du sie erreichst, halten sie dich für jemanden von der Polizei – bist du vor Ort, glauben sie, du möchtest eine Reportage über sie bringen – im Kontext von Prostitution, Kriminalität oder Drogen.
Nein, nur das Lokal, leer, ohne Menschen, Sie werden nicht erwähnt und dass man Ihr Lokal wiedererkennt ist sehr unwahrscheinlich!
Unvorstellbare Vorstellung.

Meine nächste Aufgabe:
Finde ein Restaurant, das teuer, glamourös, dabei ganz und gar geschmacklos eingerichtet ist. Das beste Lokal in einer Stadt im Osteuropa der 1990er. Finde dieses Lokal in Wien.

Eine Recherche im Internet ergibt neue Lokale, alte Lokale, teure Lokale, billig wirkende Lokale, die nie nobel waren, geschmackloses Essen.

Ich weite meine Suche auf Hotels und ihre Restaurants aus. Die sind vielleicht anders ausgestattet und größer, auch wenn das Drehen sich wegen der Rücksichtnahme auf die Hotelgäste mühsamer gestaltet.

Bei der Hotelsuche konzentriere ich mich auf Nobelhotels. Unter ihnen würde ich das außergewöhnliche, exzentrische, das gewisse Etwas, das Skurril Protzige, atemberaubend Hässliche, der gute Geschmack, der in die Jahre gekommen ist, für den einmal viel Geld aufgebracht wurde, schon finden.

Ich schau mir die Hotelfotos durch. Was kann man von ihnen ablesen?
Viel Atmosphäre, wenig Raum.
Ich finde sehr viele Detail-Aufnahmen, wenig Totalen, so dass es schwer ist, mich zu orientieren. Keine Hilfe für jemanden, der in erster Linie den Raum und seine Zu- und Abgänge sehen möchte.
Hotelzimmer sind oft weitwinklig fotografiert, wenn man sich da nicht die Optik mitdenkt, könnte man leicht meinen, man sähe tatsächlich ein großes Zimmer vor sich.

Ich bin ernüchtert. Wiener 4-5* Hotels gleichen sich innen. Auch wenn manche noch ein Fünkchen Unvernunft im Design haben, weil sie aus den 60er, 70er oder 80er Jahren stammen, wurden oder werden sie jetzt fast alle renoviert.

Ihr Stil wird damit wieder zeitlos elegant, weil unaufdringlich. Helle Steinböden, dunkles Holz, vielleicht die eine oder andere Pflanze, verspielt moderne oder klassische Luster. Eher kühl als flauschig, und wenn flauschig dann „imperial“ dunkelrot, dunkelblau, etwas Gold.
Ok, aber wo, abgesehen von Preis und Service, bleibt die Exklusivität, das aufregende, anregende Element?

Ich werde persönlich und google mit Schlagwörtern wie: protzig, geschmacklos, in die Jahre gekommen, 80er, 70er, renovierungsbedürftig, Ostler-Charme, schrecklich, hässlich, billig, Russen-chic…Bukarest in Wien.

Und stoße dabei schnell auf die Hotelbewertungen. Der-Internet-affine-Gast freut sich, seine Erfahrungen anderen Gästen weiterzugeben.
Du erfährst schnell etwas über das Service, das Frühstück, die Zimmergröße, das Alter der Zimmerausstattung und den Straßenlärm. Aber über Stil, Elemente in der Gestaltung oder sogar Geschmacklosigkeiten schreiben die wenigsten. Leider. Geschmacklosigkeit ist eine echte Nische, zumindest in meinem Bereich.

Ich beende meine virtuelle Suche und fahre mit dem Produktionsteam die locations ab. Der künstliche Wasserfallin der Lobby des Marriott Hotel ist schon ganz gut – leider wird dort bald renoviert. Am Schluss der Suche, es kommt wie’s kommt beim Film, nehmen wird das geringste Übel, die Szene wird nach Außen verlegt und neue location wird die Terrasse eines Ausflugslokals mit Blick ins Grüne. Der Regisseur ist flexibel und willigt ein.

Meine Suche nach in die Jahre gekommener, ehemals chicer Geschmacklosigkeit geht weiter.


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Persönliches und Politisches

Nach einem anstrengenden Tag liege ich im Bett, in der Neuen Zürcher Zeitung habe ich gerade gelesen, dass ein Fairphone produziert werden soll, ein Smartphone, das auf sozial verträgliche Produktionsverhältnisse achtet und ohne Rohstoffe aus umkämpften Gebieten auskommt. „Geht doch, denke ich mir!“ Eine gute Nachricht am Ende des Tages.

Am Nachmittag habe ich in einer Runde von Kolleginnen (wieder Mal) diskutiert, ob eine faire Welt für alle (nicht nur möglich sondern auch) realistisch ist. Der Tenor unter uns Sozialwissenschaftlern war nein, denn ein Gut-teil richtet es sich, wie er es braucht, und der Rest kriegt es nicht mit und selbst wenn es nochmal zu einem großen Crash der Weltwirtschaft kommt, der alle, wirklich die ganze Mittelschicht erfasst, werden viele die Ursache nicht erkennen. Aus dem vermeintlich zu zerschlagenden Raubtier Kapitalismus würde eine neuere Form des Kapitalismus entstehen, wie die Volkswirtschaftlerin in der Gruppe argumentierte, denn das ganze System sei kapitalistisch und es gäbe nichts, was außerhalb davon stehe, auch nicht die Gegenbewegungen, die nur eine „geduldete“ Reaktion darauf seien.

Wahnsinn, wie viel passiert, Wahnsinn in welchem Strom von Informationen ich mich täglich bewege, teilweise versuche ich weniger Nachrichten zu lesen, aber sie kommen ganz allein auf mich zu. Durch mein Kultur-und Sozialanthropologie Studium, das ich nebenberuflich seit gut zwei Jahren aufgenommen habe, bin ich Woche für Woche damit konfrontiert, mir die Welt aus sozialwissenschaftlicher Sicht anzusehen, nicht unbedingt die Weltsicht, die in der Politik eine Rolle spielt, wie es für mich scheint, aber eine Sicht auf die Dinge, die mich sehr interessiert. Erstaunlich eigentlich, dass es die Werbewirtschaft war, die mich dazu gebracht hat, mein vor ca. 13 Jahre begonnenes Studium wieder aufzunehmen.Ich wollte mich einfach mal mit den Hintergründen der Lebensumstände von Menschen auseinander setzen können. Den Alltag behirnen lernen, sozusagen.

In unregelmäßigen, aber wiederkehrenden Abständen denke ich darüber nach, ob ich ein politischer Mensch bin ( ich denke ja), und wie es dazu kam, dass ich mich für die Politik interessiere ( Erfahrungen und Wissensbildung im Studium). Wo ich von außen betrachtet einzuordnen bin (links, Mitte, rechts?), warum das überhaupt notwendig ist und dass es eigentlich ständig geschieht, Zuordnungen im Diskurs schwer zu vermeiden sind.

Ich würde mich als sozial denkenden Menschen beschreiben und ich würde den Satz „Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s den Menschen gut“ nicht so ohne weiters unterschreiben.

Allein die Inhalte, die mich mein Studium lehrt, der Aspekt auf Untersuchungen, die nie losgelöst von ihren sozialen Strukturen betrachtet werden, die Vielfalt an Lebensentwürfen, die wir uns ansehen, allein, dass wir in unterschiedlichen Studien sehen können, dass es neben dem vorherrschenden System der freien und auf Wachstum ausgerichteten Wirtschaft eine Reihe von anderen möglichen Wirtschaftsformen gibt, das allein, eröffnet mir einen anderen Blick auf die tagtäglichen Ereignisse, die uns in den Medien mitgeteilt werden. Natürlich ist es eine Art von Raster, jede und jeder hat seine eigenen Raster im Kopf, wie sie/er die Welt und die Ereignisse darin bewertet.

Ich war auch vor meinem Studium „sozial“ eingestellt (wie auch immer man „sozial“ definiert  ich meine damit salopp formuliert wohl so etwas wie: Interesse an einem Allgemeinwohl für Alle ), aber es fällt schwer, sich bei all den Lerninhalten nicht damit auseinanderzusetzen, welche Vorschläge aus der Politik kommen und wie das System gestrickt ist, von welchen sozialen Strukturen durchdrungen, in denen wir uns tagtäglich aufhalten.

In diesem Sinne werden die nächsten Blog-Beiträge, mehr in eine Richtung gehen, die sich auf Themen beziehen, mit denen sich die Kultur-und Sozialanthropologie (kurz: KSA) aktuell in der Lehre beschäftigt.
Oder auch Themen, die mich persönlich bewegen, und wo mir Theorien der KSA oder verwandter Disziplinen dazu bekannt sind.

Ich finde unsere Fachrichtung kann Öffentlichkeit (ja sogar Werbung!) gebrauchen, bzw. glaube ich, dass es gut ist, wenn zu den gängigen Darstellungen in Medien auch noch andere Betrachtungsweisen hinzukommen. Diese sind freilich total subjektiv, meine (unwissenschaftlich formulierten) Ansichten, aber eben auch vor dem Hintergrund des Studiums zu lesen.


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Was ist nach dem Weltuntergang?

Heute, am 21.12.2012 findet für einen Teil der Menschheit der Weltuntergang statt, andere Teile lachen darüber, manche wissen nicht genau: was ist, wenn doch“etwas geschieht, etwas schief geht“?

Weltuntergang, was bedeutet das? Ich fürchte mich nicht vor einem Weltuntergang, aber ich schließe ihn auch nicht ganz aus. Was würde das für mich bedeuten, wenn meine Welt untergeht bzw. die Welt in der ich lebe?
Und was würde das global bedeuten? Das ist ja die eigentliche Furcht. Die globale Katastrophe, plötzlicher Schluss. Angenommen es sei so. Wenn gar nichts mehr ist, dann werden wir auch gar nichts mehr empfinden. Dann gibt es gar nichts, wovor wir uns fürchten müssen. Nur ungut, die Angst vor dem Gefühl, nicht genug aus dem Leben gemacht zu haben, das uns blieb, bis zum Weltuntergang, dem Tod, schon schade, dass es jetzt so plötzlich aus sein soll.

Für zumindest den Teil der Menschen, die an etwas glauben, müsste der Tod keine Bedrohung darstellen. Christen glauben an ein Leben nach dem Tod, an ein friedlicheres Leben im Himmel und die Apokalypse „am Ende wird er (Jesus)kommen zu richten die Lebenden und die Toten“, in der sie gerettet werden, Juden glauben an Tikuun Olan, die Erlösung und erwarten den Messias und Muslime glauben an Djanna, den Garten in dem alle guten Menschen sich nach dem Tod aufhalten.  Buddhisten glauben, dass man sich von der weltlichen Welt und den eingeschränkten Sicht- und Handlungsweisen durch die Erleuchtung Dhama befreien kann.
Es gibt viele Konzepte, so viele wie Menschen wahrscheinlich, die sich mit  Leben und Tod befassen. Wie sollen wir leben und warum müssen wir sterben  (und geht’s danach eh weiter…?)  sind die zentralen Fragen, die wir Menschen beantwortet wissen wollen.

Aber darum geht’s glaub ich gar nicht beim heutigen Weltuntergang. Alles bezieht sich auf einen Kalender einer Kultur, die Maya, die schon ausgestorben sind, die für heute einen Übergang in eine neue Zeitrechnung in ihrem Kalender bestimmt haben.Eine Zeitrechnung, die sie für danach nicht mehr mitbestimmt haben.Diese alte Kultur also, hat etwas gesehen, was manche von uns heute als Ende der Welt deuten.Manche nehmen das zum Anlass und deuten noch ganz viele andere Dinge darin hinein. Niemand kann sicher wissen, was stimmt und was nicht. Und im Endeffekt hat jeder von uns eine eigene Wahrnehmung von Realität, also machen wir doch das Beste draus!
Ich persönlich würde mich freuen, wenn eine Welt, in der täglich Kriege entfacht werden aus profanen Gründen, in denen kostbare Menschenleben zu reinen Zahlenrechnungen verkommen, Menschen sich gegenseitig klein machen und halten, Angst und Lieblosigkeit herrscht, sukzessive unsere Erde zerstört wird, ohne Plan, wie wir das kompensieren können – untergeht. Aus, einfach die Energie abgezogen, auf Nimmer Wiedersehen!

Warum? Ich glaube, nein, ich will, dass es so nicht weitergeht.
Dass die Welt, also wir, und der Planet, den wir Menschen bewohnen, irgendwann genug hat von dem ganzen Schmutz und Leid und der Lieblosigkeit.

Ich glaube auch, dass es weitergeht nach einem möglichen Weltuntergang. Eben vielleicht nicht in dieser, sondern in einer anderen Welt. Und ich hoffe, nein, ich glaube es, dass stattdessen eine neue Welt entstehen kann, in der jeder Mensch seine wahre Größe erkennt und lebt, jeder wirklich nur mehr das tut, was ihm aus tiefsten Herzen entspricht, wir deswegen weniger dem Geld hinterher jagen noch andere Menschen unter Druck setzen müssen („damit’s läuft“) .
Eine „die Welt ist halt so, da kann man nichts machen“ Mentalität ersetzt würde von „Ja, aber was wäre, wenn es ganz anders wäre, wenn alles Gute mögliche wäre“.  Dann bin ich für den Aufstieg in eine andere Dimension, eine Welt, wie wir sie uns bisher nur erträumt hatten, aber nicht den Mut hatten sie zu leben, jeder Tag- gefüllt mit unseren aufrichtigsten Motiven und schönsten Visionen,  bereit umgesetzt zu werden, eine Welt zum Wohle aller Menschen und Lebewesen.

Solche Veränderungen brauchen Zeit, (vielleicht ist das altes Denken!)  deswegen werden wir höchstwahrscheinlich morgen früh aufwachen und kurz erleichtert aufatmen, die Erde dreht sich noch weiter für uns. Manche, die sich mit Esoterik beschäftigen, sagen, es gibt keine Zeit mehr, die Zeit ist abgelaufen. Ich glaube das nicht. Vielleicht liege ich falsch, das beweist sich im Nachhinein.
Aber es stimmt, es gibt so viele Dinge, die untragbar sind und wir tragen sie dennoch, zwar mutllos, aber halten die Räder am laufen! Vielleicht muss man so vehement sagen, es gibt keine Zeit mehr, denn sonst werden wir nie eine Alternative suchen. Wann ist genug? wieviele Fernsehbilder von verhungernden Kindern brauchen wir noch, um uns zur Veränderungen zu bewegen, wir müssen unsere ganz persönlichen Welten-untergänge erleben, vielleicht mit dem Fazit wieder Verbundenheit mit unserer Welt zu spüren.
Aber ich glaube daran, das wir alle die Möglichkeit zur Veränderung bekommen. Wenn wir das nicht wollen oder können, dann werden wir wahrscheinlich nicht Teil dieser Welt sein, die von der Energie, dem Lebensausdruck aller bestimmt wird. Wenn wir uns als Menschheit für eine Welt des Kriegs und Leids entscheiden, täglich neu, und dieser Eindruck von der Mehrheit der Menschen geteilt wird, dann werde ich hier nicht auf Dauer bleiben können, ganz natürlich ist das.

Was aber ist, wenn wir uns für etwas Anderes entscheiden?
Es gibt vieles um uns, in uns, was uns lange genug belastet hat und und zu einem System geworden ist. Was, wenn die einzelnen Teile des Systems plötzlich sagen „na, das ist eigentlich nicht mehr das System, in dem ich mich wohlfühle, da mach ich nicht mehr mit“. „Dann wird’s ein Anderer machen!“ sagt der Pessimist, der (diese) Welt-erfahrene. Gut, aber was, wenn jeder dieser Anderen etwas besseres zu tun hat.
Was wenn wir alle, jeder von uns ein Leben leben könnte,  das ihm wirklich entspricht, was wenn das Glück und die Hoffnung, das wir in jedes Neugeborene setzen, auch den Erwachsenen nicht verlässt und der Heranwachsende noch immer Vertrauen hat in sich, sein Leben, seine Mitmenschen, die Welt.
Ich bin mir sicher, wenn jeder Mensch zu diesem Vertrauen zurückfinden kann, das bei seiner Geburt in ihn gesetzt wurde – noch immer die bedingungslose Liebe spürt, die einem als Baby zufließt und es ganz erfüllt – wenn wir uns unserer Lebensfreude und Neugierde anschließen, dann verändert sich die Welt mit uns, denn wir machen die Welt, jeder einzelne, wir sind ein Ausdruck unserer Welt.
Ich z.B. möchte gerne in einer Welt leben, die Ausdruck für die Schönheit des Universums ist, in der wir leicht erkennen, wie schön unsere Welt ist und uns darüber freuen und sie schätzen und lieben!  In welcher Welt möchtest du leben?
Möge alles gut und immer besser und heilsamer werden – für jeden von uns!


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Haridwar oder die Suche nach Spiritualität – Gastartikel von Jim

http://noraandjim.wordpress.com/2011/02/18/hardiwar-oder-die-suche-nach-spiritualitat/

Fast zwei Jahre ist es her, seit dem ich mit Jim gemeinsam nach Indien gereist bin, ein Land, das mich seitdem nicht mehr verlassen hat. Februar ist, seit wir uns kennen, unsere gemeinsame Reisezeit. 

Zu Indien kommt übrigens im Jänner 2013 ein neuer Film von Walter Größbauer und Claudia Pöchlauer heraus. Ich warte schon lange auf diesen Film! Er entstand auf mehreren Zugfahrten von Nord nach Süd-Indien, der Film wurde in mehreren Etappen gedreht, ist ein echter Road-movie: ausgestiegen wurde erst auf Einladung anderer Zugreisender, die sich bereit erklärten ihren Alltag zu teilen…Eine kleine Kostprobe hier auf Vimeo.

 


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Von fliegenden Barbies und warmen Wolkenkratzern in New York

Bild

seltsames Foto  aus dem Jahr 2006.  Barbie in woods.

Alle Jahre wieder blättere ich in meinem Fotoarchiv.

Wie unnatürlich das Licht ist und Barbie dazu. Damals fand ich es einfach schräg- war begeistert von Photoshop und seinen Möglichkeiten, ein Ausdruck meiner eigenen Körperlosigkeit, eine Frau, die sich früher gerne öfter weg beamen wollte.

Aber hier, 2010. Auch entdeckt, einen Morgen in New York. Was für ein Licht! Es ruft in mir so oft eine Aufbruchstimmung hervor, die Welt ist gut, die Sonne scheint uns noch!
Das Licht, das ich immer wieder neu erleben darf, ist nach wie vor ein wichtiger Grund für mich zu fotografieren – wird es mir je gelingen, es einzufangen, es vielleicht selbst im Film herzustellen?
Ich grinse, die Natur ist zu perfekt. Und das ist ganz gut so..

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Projektionen auf der Straße

Heute in der U-Bahn einen deutschen Schauspieler geglaubt erkannt zu haben. Warum fiel er mir auf? Er stieg ein und zog seine Kappe tiefer in die Stirn – eine kleine Geste, mit der er sofort meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Dann vertiefte er sich in seinen Wienplan. „So ganz inkognito in Wien?“ sah ich mich schon meine Fremdenführer-Künste anbieten. Über Wien kann ich was erzählen.

Ich stieg dieselbe Station wie er aus. Es interessierte mich ehrlich, in welches Café er geht. Während ich gerade überlegte, welche Termine ich am Nachmittag habe und ob ich mir einen Spaziergang durch die Innenstadt leisten kann, nahm ich mich am Riemen.

Erkennen, bedeutet nicht kennen. Und das vertraute Gesicht war mal die Projektionsfläche einer inszenierten Geschichte. Für den Schauspieler ist seine Arbeit ein Beruf wie jeder andere, und in Wien ist dieser spezielle Tourist.

Auf der Rolltreppe hinter ihm stand eine junge Frau mit grauer Schlumpf-Wollmütze, die aufgeregt einer Freundin erzählte, sie befürchte jetzt eine von diesen „Baywatch“ Frauen zu werden – das Pendant zum männlichen Six-Pack des Coca Cola Light Manns – auch schwer zu beurteilen anhand dieses Gesprächsfetzen, ob diese Aussage schlicht dämlich ist oder sie wirklich gefährdet? War nicht zu erkennen unter ihrer Taille-losen dicken Wolljacke.

In meinen Gedanken wandert diese Frau glücklich nach Haus, weil sie vielleicht dank Muskel-Training nach einem Jahr ihren linken gelähmten Arm wieder bewegen kann  und der Schauspieler wandert auch durch Wien, ganz woanders-  entdeckt verzückt Cafés wie das Alt-Wien oder die Hinterhöfe mit den Pawlatschen in der Blutgasse –  für mich starben dort immer die Templer, aber das ist womöglich ein Gschicht’l wie soviele andere auch. Eine ganz andere Perspektive liefert folgende Seite -wenn schon spekulativ, dann aber richtig- http://viennaghosthunters.net/seiten/blutgasse.html 

Erinnert sich wer an die Geistergeschichte, die wir uns als Kinder in den 80ern erzählt haben, von einem Mann, der auf der Landstraße in der Nacht stehenbleibt, weil da jemand auf der Straße liegt, der Mann steigt aus seinem Wagen und zu dem Menschen hin – entdeckt: es ist nur ein Sack aus einem Haufen Kleider, den jemand hier hin gelegt hat – er erschrickt, weil er Angst hat überfallen zu werden und steigt schnell wieder ins Auto und als er zu Hause ankommt…
… findet er an seiner Tür das Blut kleben…

Bilder, Bilder, Bilder. Was an ihnen ist echt? Sie berühren, manchmal mehr, manchmal weniger, manchmal unerklärlicherweise.

Das war ein kleiner Schwank aus meinem unspektakulären Wiener Alltag  und die Realität unserer Öffentlichkeit, die komplett inszeniert ist und voller Bildern gestopft. Seien es die echten oder abgestellten Bettler, die Walzer-Klo-Musik in der Opernpassage, die Fernsehbilder von Ärzteserien und Bade-Pamelas oder ein unscheinbarer Blog über Wien.

Ich wünsche allen eine Gute Nacht und schöne Träume! Und Touristen: geht’s ins Alt-Wien, super Ur-wienerischer Ort!


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Favoriten – von Baulücken, Wohnbauprojekten und was früher mal war

Favoriten..ein spannendes Pflaster.. vielseitig das Stadtbild wie seine Bewohner.

Mein Lokalaugenschein im Zuge einer Recherche durch den 10.Bezirk Wiens führt mich über die Gudrunstraße bis zur Quellenstraße und endet unterhalb der Autobahn an einem Bahngleis, das aus einer Kleingartensiedlung hervor getreten ist und vor mir plötzlich im Gras verebbt. Ich gehe aus der Richtung, aus der ich gekommen bin die Quellenstraße stadteinwärts entlang bis zur Favoritenstraße, klappere dort Geschäfte ab, auf der Suche nach guter alter Tradition.

In der Aida im  Nivea-Haus genehme ich mir einen Kleinen Braunen und eine Himbeerbombe. Ich sitze allein unter Pensionisten in einem sehr sauberen Ambiente in den Farben Schweinchenrosa und hellbraun. Hier ist es warm und vertraut mit leisen schwätzenden Stimmen. Ich bin neugierig, wer sind diese Menschen ?Ich traue mich nicht jemanden anzusprechen, ich will nicht unhöflich sein – und ich denke mir dauernd, hier sind so viele Geschichten über die Stadt, die irgendwann einmal vergessen sein werden.

Vor einem Haus in der Nähe des Bauprojekts Hauptbahnhof stehe ich vor einer Häuserfassade, an dem man noch den Schriftzug Bäckerei ablesen kann. Ich frage eine ältere Dame, ob sie sich an diese erinnert. „Freilich!“ sagt sie. „Wann hat sie geschlossen?“ „Vor vierzig oder fünfzig Jahren.“ Dann geht sie weiter und ich bleibe noch ein bisschen stehen. Ich bin beeindruckt und auch melancholisch. Vielleicht ist es ein irrationales und sicher unvernünftiges Gefühl, aber eine gewisse Irritation befällt mich, ob der vielen Zeichen der Stadt, die da sind, die wir lesen können, mit denen aber nur wenige, die hier vorbei gehen, eine konkrete Geschichte verbinden.

Ortswechsel. Ich stehe im Burggarten und warte auf einen Freund, um mich nach einer Trennung wieder mit ihm zu versöhnen. Ich mag diesen Ort, hier habe ich als Kind gespielt. Fangen und laufen und verstecken im Gebüsch, Gestrüpp, das es heute nicht mehr gibt. Neben mir stehen zwei alte Damen, sie blicken hinunter auf die Wiese. Die eine Dame erzählt der anderen Dame, dass hier an dieser Stelle vor Jahrzehnten ein kleiner Bub verunglückt ist, als er von der Brüstung hinunter auf die Gitterstäbe unter uns gefallen ist. Mein Freund kommt, ich bin überglücklich ihn zu sehen, wir fallen uns in die Arme. Beim weggehen, denke ich mir, „wenn du wüsstest, dass das hier auch ein trauriger Ort ist, nicht nur glücklich für uns. “
Das ist jetzt schon Jahre her. Nach wie vor spaziere ich durch den Garten, manchmal denke ich an den Freund, der heute damalig ist und oft an das Kind. Wer es wohl war? Warum das geschah? War das zu meiner Zeit?

So gibt es ganz viele Erinnerungsorte in der Stadt, für jeden anders. Wahrscheinlich, hat- das wünsche ich mir zumindest- vor jedem Haus in Wien, ein anderes Paar seinen ersten Kuss miteinander ausgetauscht. Unsichtbar verlaufen die Kuss-ströme durch die Stadt,  neben den sichtbaren Zeichen der vergangenen Zeit wie altmodischen Firmenschildern, Mauerbröckelnde Fassade, gesprungenes Glas und aktuelleren wie Graffiti Paroli. Manchmal sind es Sprüche, ungeschickt und unlesbar wie Pisse im Schnee – wie kindisch denke ich mir, wie die Hunde! Manchmal sind es Sportfans, die ihre Leidenschaft mit uns allen teilen wollen, manchmal ist es eine Botschaft entweder eines subversiven Elements oder vielleicht doch eines Künstlers, manchmal Liebeserklärungen und manchmal Pippi Langstrumpf.

Die FPÖ macht schon Wahlwerbung, ich schleiche mich an ihnen vorbei, damit ich sie  besser nur unscharf wahrnehmen muss, und komme etwas weiter unten wieder raus bei den Drehorgelspielern. Hier spielt das Paar, dort eine blinde Frau, die einen schönen Vornamen hat. Wer hat ihr das Schild an die Orgel gesteckt? Sind diese Drehorgelspielenden Künstler organisiert? Ich überlege, ob ich sie fotografieren soll. Mein erster Mensch heute! Aber ich lasse es. Kein Grund plötzlich feiger zu sein, weil ich davon ausgehe, sie sieht mich eh nicht.
Ich lasse die großen Geschäfte hinter mir und sehe leuchtend das Geschäft von Schallplatten Brigitte auf der Laxenburgerstraße vor mir, das leider geschlossen ist.

Nach dem Kaffee in der Aida, fasse ich zwei Entschlüsse. Erstens wiederzukommen und zweitens alle Aida-Filialen in Wien zu besuchen.  Das ist Wien. Da sind noch echte Wiener. (Cliché) Zumindest diese Bequemlichkeit, das Ambiente spielt dabei eine untergeordnete Rolle, das Sitzen und Trinken und Reden oder in sich versunken sein, das ist für mich Wien. Vielleicht bin ich auch eine Wienerin.  Zumindest verspüre ich aktuell eine seltsame Hingezogenheit zu dieser Stadt. Seltsam, weil ich eigentlich immer weg wollte.

Zurück auf der Straße, halte ich argwöhnisch wie die anderen Passanten bei einem Filmdreh.
„Habt ihr das auch schon entdeckt!“ denke ich mir. Ein wunderbar versieftes Lokal in einer Sackgasse ( Kann gut abgesperrt werden für alle nicht am Dreh beteiligten). Vom organisatorischen Aufwand einwandfrei also, und filmtechnisch versprüht dieses Motiv die nötige Patina. „Es soll  schon ein bisschen  filmisch sein, du weißt schon…“ sagt mir ein bestimmter Regisseur, wenn ich ihn nach seinen Vorstellungen zu einer location frage. Eine von der Produktion blickt auf, als ich vorbei gehe.
Wir kennen uns nicht, aber beide haben wir in unserem Habitus das routinemäßige abchecken der Umgebung. Der türkische Anrainer erzählt mir über den Tatort-Krimi, der vor dem Café Leibnitz gerade verfilmt wird und wohl im März im Fernsehen zu sehen sein wird.

Am Viktor Adler Markt nebenan schlendern noch ein paar Besucher zwischen Steigerln, die in den engen Räumen zwischen den Standeln verschoben werden auf denen das glänzend polierte Obst auf den morgigen Tag wartet. Manche Verkäufer mustern mich und beobachten meinen Gang durch die Marktgassen. Auch sie checken. Wie lange wird es dauern, bis ich hier im Bezirk nicht mehr auffalle? Werfe ich zu viele Blicke, gehe ich zu langsam? Liegt es an der Kleidung? Ich bin eigentlich nicht zu ordentlich angezogen. Na ja, allein die Sportschuhe mit den Legwarmers, und Jeans mit einem Kleid darüber verraten mich. Oder ist es meine Mütze? Aber ich muss Mütze tragen, ich hab sogar eine beim Schlafen an. Also wenn jemand mich nach sowas beurteilen muss..

Ich verlasse mich darauf, dass die Menschen nicht so oberflächlich sind und schaue mich weiter um. Eine Bäckerei steht zum Verkauf. Was in einem Jahr wohl hier verkauft wird? Billige Import-Klamotten oder exotische Delikatessen? Eine ältere, sehr elegante Dame rät mir am Vormittag wieder zu kommen, da könne man sich kaum bewegen vor lauter Menschenmassen. Und auch der „Elfermarkt“ sei sehenswert, früher mit echten Bauern aus dem Burgenland! Heute sind es immerhin noch ein paar wenige, die vielleicht ihre Produkte nicht ausschließlich beim Großgrünmarkt oben in Oberlaa beziehen.

„Ja, der Bauernmarkt.“ sagt der sehr nette Herr (mit Mütze!) und am Fahrrad, da sei er ab und zu. Vor einer Baustelle sind wir beide stehen geblieben, um den Arbeiten zuzuschauen und unterhalten uns. Hier stand vor kurzem noch ein altes Haus mit einem Parkplatz daneben. „Können Sie mir was über Favoriten erzählen“, frage ich ihn? “ Ich bin hier aufgewachsen, aber eigentlich bin ich Alpinist.“ Dann reden wir über die Berge und von den Vorteilen, beim wandern Wanderstöcke zu verwenden. Er erzählt mir um wieviel Tonnen Druck die Knie beim bergab gehen entlastet werden. Ich erzähle ihm von meinem Beruf und von meinem Studium, was nicht einfach zu erklären ist. Schließlich verabschieden wir uns und schütteln uns die Hände. „Auf Wiedersehen.“

Meine große Stadt Wien, sie ist ein Dorf. Daran glaube ich ganz fest. Und Favoriten auch, zumindest ein Abenteuerspielplatz für gebürtige Innenstadt Gören wie mich.

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weiterführende Infos:

Der Bezirk Favoriten in Wien (wie ihn Wikipedia beschreibt)

offizielle Seite Favoriten – Stadt Wien (etwas Propaganda und Veranstaltungstipps)

Der neue Hauptbahnhof Wiens ( derzeit in Bau befindlich)

Der Burggarten (so imperial wie Schönbrunn, aber etwas grüner)

http://www.wien.gv.at/rk/msg/2012/07/01007.html ( gehört zu zwei Fotos Stichwort: eigenartige Fassade)

Was ist  die Aida? 

Fotos  & Text Copyright: Nora Blau